Liebe Oma,
Drei Jahre genau ist es jetzt her, dass ich nach der Schule die Nachricht bekam, dass du gestorben bist. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Damals war ich 17, jetzt werde ich bald 20 und mein Leben hat sich rasant verändert.
Immer wieder stehe ich vor allem, was neu ist, wunderbar und manchmal auch beängstigend, und denke an dich. Vieles von dem, was ich geschafft habe, würde ich dir gerne zeigen. Meine erste eigene Wohnung, meine Uni, neue Freunde und all sowas. Wie vergänglich leben ist. Einfach so ist jemand weg und trotzdem dreht sich alles weiter.
Was denkst du darüber? Wirfst du immer noch Blicke auf uns? Auf Menschen, die einen Alltag ohne dich leben können und müssen? Oder hast du dort, wo du jetzt bist, einen neuen Anfang geschaffen?
Opa geht es im Moment nicht gut, alle machen sich Sorgen. Zu ihm hatte ich nie einen guten Draht, aber trotzdem liegt er mir am Herzen. Ich denke, bald seht ihr euch wieder.
Die Trauer hat nachgelassen, und dafür bin ich sehr dankbar. Auch wenn es herzlos für dich klingen mag, Trauer kann einen auffressen. Du hast einen Platz in meinem Leben und der flüchtige Gedanke, das Innehalten zwischendurch, nur um an dich zu denken, werden wohl nie aufhören. Aber ich trauere nicht mehr.
Fast schon philosophisch, was? Aber stell dir nur mal vor, Menschen würden nicht sterben, dann könnten auch keine neuen geboren werden. So wie meine kleinen Cousins. Es braucht die Veränderung, auch die schmerzhafte, damit man wächst und reifer wird. Ein ewiges Leben wäre glaube ich auch nicht gut.
Wie dem auch sei Oma, ich will, dass du weißt, dass ich diesen Tag immer im Kopf haben werde. Und ich werde immer eine Kerze für dich anzünden. Und dafür beten, dass es dir gut geht. Pass auf die auf, von denen ich fürchte, dass sie bald zu dir kommen könnten. Und erinnere mich dann daran, dass Trauer vorbeigeht und einem viel schönerem Gefühl weicht: Dankbarkeit für das Leben und die Erinnerungen, die einem geschenkt wurden.
In Liebe,
Deine Enkelin
Liebe Oma 